Auditor werden. Welche Nachweise für die Berufung wichtig sind und wie man die Hürde der Vorprüfung nimmt.

Um als Third-Party-Auditor bei einer Zertifizierungsgesellschaft (festangestellt oder freiberuflich) arbeiten zu können, muss man "berufen" werden. Dafür braucht es Nachweise. Und leider auch etwas Zeit. Grundlage sind - wie soll es anders sein - Akkreditierungsvorgaben und Regelwerke. In diesem Artikel zeigen wir auf, wie sich Berufserfahrene auf eine Bewerbung vorbereiten können und was bei einem Quereinstieg in den Auditorenberuf bzw. einem Branchenwechsel zu bedenken ist.
Jeder nutzt die Dienstleistungen der TIC-Branche oder kommt im Alltag in Berührung. Doch kaum jemand kennt sie. Dabei ist der Wertbeitrag der TIC-Branche für die Gesellschaft enorm: Regelwerke sorgen dafür, dass Dinge zusammenpassen. Normung hilft dabei, dass Produkte ihren Weg in die Welt finden. Normen schützen Sicherheit und Gesundheit der Verbraucher. Normen machen Unternehmen besser. Was dafür aber braucht? Auditor/innen!
1. Auditor werden: Der Weg bis zur Berufung
Auditoren sind für Prüfdienstleister in Deutschland das, was man als wahren Schatz bezeichnen könnte. Egal ob großer Prüfdienstleister oder kleine Zertifizierungsstelle, es mangelt an dieser Expertengruppe. Ein Einstieg in diesen Beruf öffnet deshalb Berufserfahrenen eine neue Tür, die Abwechslung, Vielfalt, Sicherheit und Perspektiven bietet. Dieser Beruf ist - aufgrund der Vorgaben und Zulassungsbedingungen in Bezug auf Berufspraxis - allerdings fast ausschließlich für Berufserfahrene geeignet.
Und der Weg dorthin braucht etwas Zeit: Berufserfahrene, die sich für den Beruf des Auditors interessieren, benötigen zunächst einen längeren Atem. Wer noch nicht als angestellter Third-Party-Auditor/in für eine Zertifizierungsstelle arbeitet (also bereits voll ausgebildet und berufen ist), sollte Zeit für den Prozess der Berufung und für das Onboarding und die Einarbeitung einplanen.
Die Zertifizierungsstellen prüfen in der Bewerbungsphase die Vorqualifikationen für die Auditoren-Aufgabe. Dafür benötigen sie ausführlichere Informationen und Nachweise. Diesen Prozessschritt nennt man Berufung. Eine Berufung als Auditor wird in der Regel für 3 Jahre erteilt und wird dann immer wieder verlängert.
Dass diese „Prüfphase“ oft länger dauert, hat nichts damit zu tun, dass Zertifizierungsstellen es neuen Auditoren möglichst schwer machen wollen. (Der Mangel an Auditoren ist schließlich groß) Im Gegenteil, sie sind selbst an Vorgaben gebunden. Zum Beispiel durch bestimmte Regelwerke und Leitlinien der Akkreditierungsgesellschaften (in Deutschland überwiegend die DAkkS). Daher ist die Berufung eine komplexe Angelegenheit.
Grundlage für die Berufung sind spezielle Regelwerke, wie z.B. die ISO 19011 (Leitfaden zur Auditierung von Managementsystemen) und DIN EN ISO/IEC 17021-1 (Anforderungen an Stellen, die Managementsysteme auditieren und zertifizieren). In vielen Fällen gelten auch weitere normenspezifische Vorgaben. Je nachdem, für welches Managementsystem Sie als Auditor tätig sein möchten.
Wer als Auditor für Informationssicherheit (ISO/IEC 27001) im Einsatz ist, muss z.B. auch den Anforderungen der ISO 27006 genügen. (ISO/IEC 27006-1:2024: Anforderungen an Stellen, die Informationssicherheitsmanagementsysteme auditieren und zertifizieren)
Hinzu kommt, dass jede (akkreditierte) Zertifizierungsstelle in Deutschland auch unternehmensspezifische Anforderungen in Hinblick auf die Kompetenzen von Auditoren hat. Damit kommt einiges zusammen, was vorab geprüft wird. Aus Gesprächen mit interessierten Kandidaten wissen wir, dass dieser Prüf- und Berufungsprozess aufwändig ist und durchaus mehrere Monate dauern kann.
Deshalb möchten wir in diesen Prozess etwas mehr Licht bringen.
Alle Interessierten finden nachfolgend eine Übersicht: Welche Voraussetzungen sollten Sie als Auditor mitbringen? Und wie können Sie mithelfen, dass der Prüfprozess bei den Zertifizierungsstellen optimal funktioniert? Wenn Sie Ihre Unterlagen so aufbereiten, spart das nicht nur Zeit sondern auch Rückfragen und Nachforderungen von Unterlagen.
2. Auditor werden: Persönliche Voraussetzungen
Bevor Sie den Check-up Ihrer Unterlagen machen, empfehlen wir, dass Sie zunächst den Karriere-Schritt durchdenken.
Nehmen Sie sich die Zeit für eine persönliche Reflexion. Die Ausbildung bis zur finalen Berufung ist nicht nur zeitaufwändig. Sie ist auch ein großes Invest für beide Seiten. Haben Sie sich mit den Anforderungen an die Auditoren-Rolle vertraut gemacht und passt das zu Ihren Lebensumständen?
Hier finden Sie einen ausführlichen Beitrag zum Berufsbild des Auditors, zu den Einsatzgebieten und Karrieremöglichkeiten. https://hellmund-berater.de/magazin/auditor-jobchance-fuer-berufserfahrene
Fragen Sie sich:
Bin ich bereit, regelmäßig auf Reisen zu sein? Das kann bedeuten, in der Woche bis zu 4 Tage vor Ort an Standorten des Kunden als Auditor zu arbeiten.
Bringe ich persönliche Voraussetzungen mit, um die Rolle als Auditor zu bewältigen? Wer wissen möchte, ob er/sie die überfachlichen Eigenschaften und Kompetenzen eines Auditors erfüllt, kann sich hier einmal selbst (via Fragebogen) testen.
Liegt mir die Rolle als „Begutachter“ und „Prüfer“ für Unternehmen? Bin ich jemand, der Probleme und Fehler feststellt und offen und klar benennen kann? Halte ich Konflikte aus?
Bringe ich ausreichend sprachliches Feingefühl (Deutsch als Muttersprache oder Sekundärsprache) mit? Als Prüfer tätig zu sein, bedeutet, mit den sprachlichen Feinheiten vertraut zu sein - sowohl mündlich (Verhandlungssituationen) als auch schriftlich (Dokumentation). Deshalb sind exzellente deutsche Sprachkenntnisse für Auditor/innen unerlässlich. Für bestimmte Normen (z.B. die Automotive-Norm IATF 16949) sind zudem verhandlungssichere Englisch-Kenntnisse erforderlich.
Den Fragebogen "Auditor Personality" (hier geht es zur kostenfreien Forschungsversion) haben wir in Zusammenarbeit mit der PERSONECO GmbH eigens für die Berufsgruppe der Auditoren entwickelt. Der Ergebnisbericht steht Ihnen im Anschluss direkt zum Download zur Verfügung. (bitte unmittelbar abspeichern, bevor Sie die Fragebogenseite wieder verlassen) Er gibt Auskunft, ob Sie relevante Persönlichkeitseigenschaften für die Arbeit als Auditor/in mitbringen.
3. Auditor werden: Fachliche und berufspraktische Voraussetzungen durch Nachweise belegen
Schritt 1: In welchen Branchen und Unternehmensbereichen haben Sie Berufspraxis?
Gibt Ihr Lebenslauf (genaue Zeitangaben, Unternehmensname, Kurzbeschreibung des Unternehmens, genauer Verantwortungsbereich) Auskunft über folgende Punkte?
Haben Sie schon mindestens 4 oder 5 Jahre Berufspraxis (in Vollzeit) gesammelt? Hinweis: Teilzeit-Beschäftigungen während des Studiums werden häufig nicht oder nur eingeschränkt anerkannt.
In welchen Bereichen im Unternehmen waren Sie tätig? Beispiel: Sollten Sie eine Zulassung als Auditor für die ISO 50001 (Energiemanagement) anstreben: Waren Sie mindestens 2 Jahre im Bereich Energie/Energietechnik tätig oder in Ihrem Bereich mit Energiemanagement-Fragen betraut? (Beispiel: als Energiemanagement-Beauftragter, Abfall- oder Kreislaufwirtschaftsbeauftragter oder in anderer fachlicher Verantwortung für Energie- oder Umweltthemen etc.)
Haben Sie Erfahrung in der Qualitätssicherung oder dem Qualitätsmanagement eines Unternehmens? Waren Sie z.B. in Produktion, Forschung oder operativen Bereichen Ansprechpartner für Qualitätsfragen oder als interner Auditor tätig?
Können Sie durch Arbeitszeugnisse die genannten Punkte belegen? Qualifizierte Arbeitszeugnisse liefern umfassende Informationen über Hauptaufgaben, Verantwortungsbereiche und Projekterfahrungen. Als Nachweis für die Berufsstationen (und der relevanten Managementsystemkenntnisse) sind Sie deshalb unerlässlich.
Hinweis: Wenn Sie unsicher sind, kein Problem. In einem Vorgespräch kann geklärt werden, welche Erfahrungen Sie mitbringen.
Schritt 2: Welche Ausbildung und Qualifikationen haben Sie erworben?
Verfügen Sie über eine abgeschlossene Fachhochschul-/Hochschul-Ausbildung? Beispiel: Für eine Tätigkeit als Auditor für Informationssicherheit ist ein Studium der IT natürlich hilfreich. Ebenso kann ein anderes Hauptstudium, bei dem ein Schwerpunkt IT war, relevant sein. Legen Sie Nachweise und Zeugnisse bereit).
Am Beispiel des Auditors für die 50001 (Energiemanagementsystem) könnte das so aussehen: Ingenieurwissenschaften (Energietechnik, Elektrotechnik, Verfahrenstechnik, Verbrennungstechnik, Umwelttechnik, Technische Gebäudeausrüstung, Versorgungstechnik, Bauingenieurwesen) oder Naturwissenschaften (z.B. Physik, Chemie) oder Maschinenbau oder andere Fachrichtungen (mit Ausbildungs-Schwerpunkten in Elektrotechnik, Energie, Verfahrenstechnik, Umwelttechnik etc.)
Hinweis: Je nach Regelwerk sind natürlich andere Fachrichtungen erforderlich. Dies hier sind Beispiele für den Auditor ISO 50001. Welche Fachrichtung relevant ist, können Sie meist den Stellenanzeigen der Zertifizierungsgesellschaften entnehmen.
Alternativ: Haben Sie eine Berufsausbildung und später eine Techniker- bzw. Meisterausbildung absolviert? (Das kann bedeuten, dass Sie mehr Jahre Berufspraxis benötigen). Gegebenenfalls haben Sie aufbauend noch einen Bachelor oder sogar einen Master absolviert. Solche „Aufstiegsqualifikationen“ sind relevant, denn in vielen Fällen reicht eine 2- oder 3-jährige Berufsausbildung nicht mehr aus, um als Auditor berufen zu werden.
Welche Weiterbildungen zu Qualitätsmanagement und Regelwerken haben Sie im Laufe der Berufstätigkeit schon absolviert? z.B. Fachseminare zu Regelwerken oder Expertenausbildungen, wie z.B. Qualitäts- bzw. Energiemanagementbeauftragter, Qualitätsmanager, Zertifikate als Interner Auditor oder Lieferanten-Auditor usw. (bitte alles als Beispiele betrachten). – Alle Urkunden/Zertifikate, die Sie bereits absolviert haben und die Normen, Regelwerke, Verordnungen etc. betreffen, sollten Sie bereithalten.
Haben Sie bereits eine Weiterbildung zum Auditor (eine 5-tägige Qualifikation mit Prüfung) absolviert? (Es ist gut, dies schon absolviert zu haben, aber nicht zwingend. Viele Zertifizierungsgesellschaften sind bereit, diese im Rahmen der Einarbeitung mit anzubieten.)
Schritt 3: Haben Sie Ihren Lebenslauf geprüft und aktualisiert?
Enthält Ihr Lebenslauf wesentliche Informationen über Ihre Verantwortungsbereiche – in Bezug auf Managementsysteme, Qualitätsmanagement im Allgemeinen und mit Bezug zu Ihrer Fachexpertise? Beispiel: Wenn Sie als Auditor mit Schwerpunkt auf Umweltmanagement arbeiten möchten, kann das Fach-Know-how Ihrem Lebenslauf entnommen werden? Finden sich in den Hauptaufgaben Beschreibungen zu dafür relevanten Tätigkeiten?
Sind die Unternehmen, in denen Sie gearbeitet haben, kurz beschrieben und so erklärt, so dass auf einen Blick sichtbar ist, welche (Kern-)Produkte für welche Branchen „produziert“ wurden oder welche Dienstleistungen angeboten werden?
Haben Sie in Projekten für Qualitätsthemen oder Forschungs- und Innovationsthemen mit Qualitätsaspekten mitgewirkt? Können Sie Projekte anführen, die auf Ihre Fachexpertise einzahlen? Beispiel für den Auditor ISO 50001 bzw. 14001: Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen, z.B. Senkung des Energieverbrauches oder Einführung von Klimaschutzmaßnahmen.
Haben Sie eigene Erfahrung in der Durchführung von Audits (z.B. als Interner Auditor / Lieferanten-Auditor) gesammelt? Können Sie sich von Ihrem (aktuellen oder früheren) Arbeitgeber diese Audits in einer Liste bestätigen lassen? (Das hat nämlich den Vorteil, dass Sie sich diese Audits ganz oder teilweise im Rahmen einer praktischen Einarbeitung anerkennen lassen können. (Datum / für welches Regelwerk / Anzahl der Audit-Tage / Auditiertes Unternehmen/Bereich )
Keine Frage: Die Aufbereitung des Lebenslaufes für eine solche Bewerbung ist etwas aufwändiger. Wenn Sie mehr Zeit in die Anpassung Ihrer Unterlagen investieren, wird sich das lohnen - für beide Seiten. Sie können sich zielgerichtet und bestens vorbereitet bewerben. Die Zertifizierungsstellen können passgenau und schneller prüfen und besetzen.
Der "Quereinstieg" in den Beruf des Auditors ist möglich und gewünscht, denn der Bedarf an Fachkräften ist deutschlandweit groß.
Sie wollen sich verändern oder sich zu Karrieremöglichkeiten in der TIC-Branche und als Auditor beraten lassen? Wir wissen, wie wichtig es ist, die richtige Profession zu finden. Vereinbaren Sie gern ein Beratungsgespräch mit uns.