TIC-Branche

Was macht ein Auditor?

Berufsbild, Einsatzgebiete und Karrieremöglichkeiten für Auditoren

Unsere Personalberatung besetzt seit mehr als zehn Jahren Auditorenpositionen in der TIC-Branche. TIC steht für Testing, Inspection & Certification (Prüfung, Inspektion und Zertifizierung). Derzeit wird es für Zertifizierungsgesellschaften zunehmend schwieriger, geeignete Fachleute zu finden. Zum einen weil in den nächsten Jahren viele erfahrene Auditoren und Auditorinnen in den Ruhestand gehen, zum anderen weil es immer weniger berufserfahrene Kandidaten und Kandidatinnen gibt, die diese Jobperspektive für sich in Betracht ziehen. Viele kennen das Jobprofil des Auditors (m/w/d) nicht, obwohl es vor allem Berufserfahrenen eine spannende Perspektive eröffnet. Grund genug für uns, genauer zu erklären, was Auditoren tun und wie sich Interessierte dafür weiterbilden können.

1. Was machen Auditoren genau?

Auditoren sind – neben Gutachtern und Prüfingenieuren– das „Herzstück“ einer jeden Zertifizierungsgesellschaft. Sie sind vor Ort bei den Kundenunternehmen im Einsatz, analysieren Prozesse, decken Optimierungspotenziale und damit auch mögliche Schwachstellen auf und sorgen dafür, dass die normentechnischen Standards (z.B. ISO, DIN) erfüllt sind.

Den Auditor nur als reinen „Prüfer“ von Prozessen zu sehen, greift aber zu kurz. Auditoren lernen Branchen über die Audits tiefgehend kennen. Sie analysieren in sehr kurzer Zeit komplexe betriebliche Zusammenhänge. Auditoren denken sich in das Kundenunternehmen hinein, entwickeln ein Verständnis für die dort geleistete Arbeit und die Vorgehensweise und bewerten schließlich, ob alles regelkonform ist. Auditoren zeigen Verbesserungspotenziale auf und helfen ihren Kunden sicherzustellen, dass gesetzliche, kundenseitige oder sonstige Verpflichtungen eingehalten werden.

Achtung Verwechslungsgefahr!

Das Audit in der Zertifizierungsbranche ist etwas anderes als das Audit von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Der Wirtschaftsprüfer auditiert (also prüft) die Finanzdaten eines Unternehmens und testiert diese. Dies geschieht jedoch nach anderen Regelwerken (IFRS) als nach den DIN- und ISO-Normen, die für Auditoren der Zertifizierungsbranche die Arbeitsgrundlage bilden. Zugleich muss das Audit gegenüber einer Revision abgegrenzt werden. Der Auditor ist unabhängig vom Unternehmen, das er oder sie auditiert. Der Revisor ist meist beim Unternehmen angestellt und agiert im Auftrag des Vorstands/der Geschäftsführung.

„Ich liebe es, die Unternehmen zum Nachdenken über ihre Organisation und Prozesse anzuregen, ihnen einen Spiegel vorzuhalten. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung analysiere und bewerte ich Unternehmen und gebe dann meine Einschätzung ab: Das sind eure Stärken und hier gibt es noch Möglichkeiten für Verbesserungen. Ich habe damit die Chance, eine positive Entwicklung des Unternehmens zu begleiten.“
Martina Scharwey, Dipl.-Kauffrau, Auditorin, Beraterin und Trainerin, Inhaberin KMS Consult – Qualitäts- und Personalmanagementberatung, Frankfurt/Main

2. Wer braucht Auditoren?

Auditoren sind in nahezu allen Branchen im Einsatz. Dazu zählen u.a. die Branchen Mobility (Automotive, Raumfahrt, Luftfahrt, Railway, Transportwesen), Lebens- und Futtermittel, Nachhaltigkeit, Energie & Umwelt, Sport, Tourismus & Freizeit, Finanzwirtschaft, Dienstleistungswirtschaft oder Medizinprodukte & Pharmazeutische Industrie.

Es werden drei Arten von Audits unterschieden. Es gibt interne Audits, die von Mitarbeitern der eigenen Organisation (häufig Mitarbeitende aus dem Qualitätsmanagement) durchgeführt werden. Man spricht dann auch von 1st party Audits.

Zur Überprüfung der Regelkonformität von Prozessen innerhalb einer Wertschöpfungskette bei Lieferanten werden 2nd party Audits durchgeführt. Auch das machen üblicherweise Mitarbeiter des Unternehmens.

Externe Auditoren kommen bei sogenannten 3rd party Audits zum Einsatz, wenn es darum geht, die Organisation eines Unternehmens durch eine unabhängige Instanz bewerten zu lassen. Auditoren, die fremde Organisationen auditieren, sind entweder selbständig tätig oder bei sogenannten Zertifizierungsgesellschaften angestellt.

In Deutschland gibt es viele global agierende und große Gesellschaften. Die einzelnen TÜV Gesellschaften sind ebenso bekannt wie andere große Unternehmen, zu denen die DQS, DEKRA, Bureau Veritas, DNV, SGS, Lloyds Register, KIWA oder die BSI Group gehören. Daneben haben sich eher mittelständisch geprägte Zertifizierungsgesellschaften im Markt einen Namen gemacht, wie die GTÜ GmbH oder GUTcert, sowie eine Vielzahl kleinerer Anbieter, die sich entweder branchenspezifisch oder thematisch spezialisiert haben oder regional tätig sind. Darüber hinaus gibt es Konformitätsbewertungsstellen mit Anbindung an öffentliche Träger oder Branchen. Hier seien beispielhaft die Prüf- und Zertifizierungsstellen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung oder das VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut genannt.

3. Jobaussichten für Auditoren

Eines kann man ganz klar sagen: Die Jobaussichten für Auditoren sind rosig. Das liegt zum einen daran, dass eine große Gruppe von Auditoren demnächst in den Ruhestand geht und diese Lücke von den Zertifizierungsgesellschaften schnell geschlossen werden muss. Dafür sind diese bereit, Berufserfahrene als neue Auditoren auszubilden. Der zweite Grund ist, dass in immer mehr Branchen die Einhaltung von Regelwerken (ISO oder DIN Normen) zur Pflicht, manchmal sogar zum „Gesetz“ wird, weshalb die Unternehmen zwingend eine Zertifizierung benötigen. Die Nachfrage nach Audits für Regelwerke (ISO, DIN) steigt kontinuierlich. Der Bedarf kann teilweise nicht mehr gedeckt werden, so dass in einigen Bereichen (z.B. ISO 13485 – Medizinprodukte) ein akuter Mangel an Zertifizierungsstellen und damit auch an Auditoren herrscht.

Zudem sind erfahrene Auditoren für herausfordernde Aufgaben auch in anderen Bereichen sehr gefragt. Die Auditoren-Qualifikation schafft eine gute Basis, um zum Beispiel bei Zertifizierern im Bereich Akkreditierung, Produktmanagement oder Vertrieb tätig zu werden.

Viele Auditoren erwerben durch ihre Tätigkeiten ein so umfangreiches Wissen, dass sie nebenbei Fachartikel oder Bücher publizieren und gefragte Redner sind. Sie engagieren sich in der Auditoren-Ausbildung oder vermitteln Wissen über Qualitätsmanagement an Universitäten oder Fachhochschulen. Einige Auditoren haben sich eine Expertise auf einem bestimmten Gebiet erarbeitet und sind gefragte Ansprechpartner für die Entwicklung neuer Regelwerke oder (sogenannter nicht akkreditierter) Standards. Hier sind sie – meist auf internationaler Ebene – mit Projektteams an der Entwicklung neuer Regelwerke beteiligt. Solche Experten arbeiten aber auch in nationalen oder internationalen Ausschüssen zum Beispiel in DIN- oder ISO-Arbeitsgruppen mit.

„Wenn ich Audits durchführe, bin ich hoch konzentriert und fokussiert. Manchmal ist so ein Auditprozess auch etwas quälend und aufwändig, aber am Ende des Tages sehe ich ein ganz konkretes Ergebnis. Der Kunde ist froh und glücklich, dass er zertifiziert worden ist, und diese Wertschätzung erfährt man als Auditor. Wenn ich dann nach ein oder zwei Jahren für ein Überwachungsaudit wieder vor Ort bin, freue ich mich zu sehen, wie sich das Unternehmen weiterentwickelt hat.“
Dr. Phillip Käser, Auditor und Berater, Geschäftsführer Dr.-Ing. Phillip Käser Consulting GmbH, Berlin

4. Was verdient man als Auditor?

Die Spreizung der Gehälter ist bei Auditoren außerordentlich groß. Das liegt vor allem daran, dass es für bestimmte Regelwerke (z.B. für die IATF 16949, ein Automotive-Regelwerk oder die ISO 27001, das Regelwerk für Informationssicherheit) zu wenige ausgebildete Auditoren gibt und die Zulassungshürden relativ hoch sind. Dies ist zwar nicht für alle Regelwerke so, bedeutet hier aber, dass sich das auch in den Gehältern widerspiegelt.

Wenn sich eine Person zunächst zum Auditor oder zur Auditorin ausbilden lässt (was meist die Prüfgesellschaften übernehmen), dann kann er oder sie für den Start mit einem Gehalt zwischen 45.000 und 55.000 Euro rechnen. Voll ausgebildet und zugelassen liegt das Startgehalt durchaus schon zwischen 60.000 und 75.000 Euro. Langjährige Auditoren mit viel Berufspraxis liegen meist bei 75.000 bis 90.000 Euro Jahresgehalt. Und für bestimmte Regelwerke liegt das Gehalt manchmal auch im sechsstelligen Bereich.

Natürlich zahlen kleine Zertifizierungsgesellschaften geringere Gehälter als globale Gesellschaften. Hier muss ein Kandidat gut abwägen, was ihm wichtig ist. Bei einer kleinen, regional agierenden Zertifizierungs- oder Beratungsgesellschaft geht ein geringeres Gehalt unter Umständen damit einher, dass weniger Reisetätigkeit nötig ist, weil Unternehmen in der Region auditiert werden. Dies ist für die Work-Life-Balance natürlich von Vorteil. Während ein international tätiger Auditor für die Automotive-Norm IATF 16949 durchaus jede Woche auf einem anderen Kontinent im Einsatz sein kann.

Hinzu kommen – gerade bei den großen, globalen Zertifizierungsgesellschaften – weitere vertragliche Benefits wie eine attraktive Altersvorsorge, Unfallversicherungen, die auch privat gelten, ein Firmen-PKW zur privaten Nutzung oder Unterstützungsleistungen für die Betreuung der Kinder oder für Pflegebedürftige.

5. Wie sieht der Arbeitsalltag eines Auditors aus?

Streng genommen gibt es drei Arten von Arbeitstagen für einen bei einem Zertifizierer angestellten Auditor:

  • Der Homeofficetag. Der Auditor organisiert seine Arbeit von zu Hause: Planung & Terminkoordination, Vor- und Nachbereitung von Audits, Erstellen von Auditberichten (1 bis 2 Tage pro Woche)

  • Der Audittag. Der Auditor ist beim Kunden vor Ort (zwischen 2 und 4 Tagen pro Woche). Ein Audit kann einen halben oder ganzen Tag dauern oder bei sehr komplexen Regelwerken bzw. großen Unternehmenseinheiten mehr als eine Woche. Der Auditor inspiziert die Gegebenheiten vor Ort. Er führt Auditgespräche zur genaueren Analyse mit Qualitätsverantwortlichen, Fachverantwortlichen, Geschäftsführern, Mitarbeitenden.

  • Der Bürotag. Der Auditor nimmt Termine am Standort seines Prüfunternehmens wahr. Treffen mit Kollegen oder Vorgesetzten, gemeinsame Schulungen oder Meetings (in der Regel 2 bis 3 Tage im Quartal)

Durch die Pandemie und die digitale Transformation hat sich für Auditoren natürlich viel geändert. Das Vor-Ort-Audit ist (zumindest teilweise) dem Remote-Audit gewichen. Kundenunternehmen wie Zertifizierer haben in den vergangenen zwei Jahren Erfahrungen damit gesammelt und es wird auch in Zukunft Audits per Video geben. Jedoch bleibt die Vor-Ort-Inspektion einer Industrieanlage auch weiterhin Mittel der Wahl. Deshalb sollten Auditoren damit rechnen, dass sie ca. 10 bis 30 Prozent der Audits remote durchführen können und 70 bis 90 Prozent der Audits vor Ort beim Kunden sind.

Auditoren sind pro Woche zwischen zwei und vier Tagen beim Kunden im Audit. Reisetätigkeit gehört also zur Aufgabe dazu, und darüber sollte sich jeder, der ernsthaft über einen Karriereschritt als Auditor nachdenkt, klar sein. Es hängt vom Regelwerk, vom Unternehmen ab, wie Reisezeiten vergütet und in welchem Umkreis ein Auditor seine Audits erledigt. Es gibt Unternehmen, die ihre Auditoren regional einsetzen, so dass man nur wenige Übernachtungen planen muss. Wer aber für Spezialnormen national oder gar international unterwegs ist, sollte mit mehreren Tagen Abwesenheit rechnen. Deshalb sollte vor einer Entscheidung für diesen Job jeder Klarheit darüber haben, dass man „unterwegs“ ist als Auditor. Damit ist die Aufgabe vergleichbar mit einer Außendiensttätigkeit.

Daneben ist ein ganztägiges Audit auch physisch und psychisch herausfordernd. Viele gestandene Auditoren haben sich für ihren Beruf Möglichkeiten zur Entspannung und zum Erholen geschaffen, damit sie den alltäglichen Anstrengungen etwas entgegensetzen können. Die Prüfunternehmen bieten ihren Mitarbeitenden auch Möglichkeiten wie Sport, Fitness, Teamevents oder Gesundheitsschutzmaßnahmen, um Beruf und Familie im Einklang zu halten.

„In kritischen Auditsituationen darf man keinesfalls zeigen, dass man vielleicht fachlich nicht sattelfest ist. Deshalb würde ich jedem Audit-Anwärter dazu raten, zunächst für eine längere Zeit als Co-Auditor Erfahrungen zu sammeln.“
Dr. Markus Reimer, Berater & Auditor, Edenstetten

6. Wie werde ich Auditor oder Auditorin?

Es gibt keinen erlernbaren „Beruf“ Auditor. Hierbei handelt es sich um eine „Aufstiegsqualifikation“, die man als Berufserfahrener erwirbt. Auditoren sind damit allesamt Quereinsteiger in das Thema. Sie haben auf ihrem Fachgebiet oder in ihrer Branche umfassende und weitreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben, was sie zunächst für die Auditorenaufgabe qualifiziert. Denn ohne eine fachspezifische Ausbildung und die Berufserfahrung ist ein Auditor nicht in der Lage, die richtigen Fragen zu stellen und Probleme beim Audit zu erkennen.

Aus unserer Erfahrung gibt es auch keinen bestimmten Weg, Auditor zu werden. Viele Auditoren berichteten uns, dass sie im Laufe ihrer Berufstätigkeit mit dem Thema Qualitätsmanagement in Berührung gekommen sind, entweder weil sie in einer solchen Abteilung gearbeitet, als Fachverantwortlicher Audits begleitet, Werkstoffe geprüft oder Qualitätsanalysen durchgeführt haben. Andere haben sich für die Normen- oder Prozessoptimierung interessiert und dann mit entsprechenden Regelwerken gearbeitet.

An dieser Stelle beispielhaft drei Karrierewege:

Dr. Phillip Käser, Geschäftsführer Dr.-Ing. Phillip Käser Consulting GmbH, Berlin, beschreibt den Beginn seiner Auditoren-Laufbahn als „Zufallsprodukt“. Als Maschinenbauer arbeitete er bei einem Pumpenhersteller. Sein Vorgesetzter gab ihm den Auftrag, ein internes Audit durchzuführen, schmiss ihn quasi ins kalte Wasser. Sein erstes Audit war Aufregung pur, doch er fand sehr schnell Gefallen daran, interne Prozesse und Systeme einer Prüfung und Bewertung zu unterziehen, und übernahm schließlich im Unternehmen die Verantwortung für das Auditmanagement. Eine weitere Initialzündung dafür, den Job zur Berufung zu machen, gab ihm ein Auditor einer Zertifizierungsgesellschaft, der ihn als Mensch und in seiner Rolle als Auditor sehr inspirierte. Ein ruhiger, unaufgeregter Mann, mit einer positiven und optimistischen Einstellung, der ihm das wichtigste Prinzip nahebrachte, nämlich sich selbst zurückzunehmen und dafür aktiv zuzuhören.

Frank Machalz ist Geschäftsführer der envigration GmbH Integriertes Management und Auditor. Er hat einen technischen und juristischen Hintergrund. Seit über 20 Jahren ist er insbesondere in den Bereichen Risiko- und Compliance, aber auch Nachhaltigkeits-, Klima- und Umweltmanagement sowie Antikorruptions- und Business Continuity Management beratend und auditierend im Einsatz. Seine berufliche Entwicklung begann mit der klassischen juristischen Mandats- und Dezernatsarbeit, die ja oft erst dann startet, wenn ein Konflikt bereits vorhanden ist, der nun gelöst werden muss. Mit Gründung einer eigenen, interdisziplinär ausgerichteten Beratungsfirma im Bereich der Managementsysteme und dem Beginn der Tätigkeit als Auditor war ein gewollter Perspektivwechsel verbunden. Jetzt geht es in seiner Tätigkeit vor allem um Prävention und Konfliktvermeidung.

Martina Scharwey ist heute mit der KMS Consult selbständige Auditorin, Beraterin und Trainerin in Frankfurt am Main und hat sich auf das Thema Qualitätsmanagement in der Dienstleistungs- und hier insbesondere auf die Finance/Banking-Branche spezialisiert. Sie arbeitete zunächst in den USA für eine der großen Wirtschaftsprüfungs-/ Steuerberatungsgesellschaften und führte dann für die deutschen Niederlassungen ein QM-System ein, das nach ISO 9001 zertifiziert wurde. Immer mehr Kunden aus dem Dienstleistungsbereich sprachen vor und baten um Beratung und Audits, um ein unternehmensspezifisches QM-System zu entwickeln und sich nach der ISO 9001 zertifizieren zu lassen. Dies war zum damaligen Zeitpunkt keine typische Dienstleistung und es gab keine ausreichend qualifizierten Auditorinnen und Auditoren mit Dienstleistungs- und schon gar nicht mit Finance-Erfahrungshintergrund. So ließ sich Martina Scharwey selbst zur Qualitätsmanagerin und zur Auditorin ausbilden und arbeitet seit über 25 Jahren, neben ihrer beratenden Tätigkeit, als Senior Lead Auditorin für die DQS GmbH, eine der führenden internationalen Zertifizierungsgesellschaften.

Dr. Markus Reimer ist Berater, Auditor, Redner und Autor von Fachbüchern. „Ich habe früher einmal an der ,anderen Seite des Tisches‘ gesessen, als Qualitätsmanagementbeauftragter einer Bildungseinrichtung. Vor etwa 15 Jahren habe ich dort mit einem Auditor zusammengearbeitet, der mich durch seine zugewandte, humorvolle Art und sein Interesse an mir und der Einrichtung beeindruckt hat. Das hat bei mir das Interesse für den Beruf geweckt. Dieser wurde dann mein Mentor und Unterstützer.“

7. Welche Anforderungen muss ich erfüllen?

Die Anforderungen an einen Auditor können - je nach Zertifizierungsstelle und deren Akkreditierung (z.B. Akkreditierung durch die DAkkS oder durch eine ausländische Stelle) - tatsächlich variieren. Deshalb lohnt hier immer die Anfrage bei der Zertifizierungsstelle.

Diese 5 Punkte für eine Berufung als Auditor werden von allen Zertifizierungsstellen geprüft.

  1. Formelle Ausbildung bzw. Studium (die meist auf das künftige Einsatzgebiet des Regelwerkes ausgerichtet ist)

  2. Berufserfahrung in der Branche (mindestens vier bis fünf Jahre, um zugelassen zu werden, und je 2 Jahre Berufserfahrung für Fachgebiete, für die der Einsatz als Auditor geplant ist).

  3. Schulungen zum Auditor (Ausbildungen zum QMF, QMB, QMA, Auditor-Qualifizierung)

  4. Fachbezogene Zusatzschulungen für das Regelwerk

  5. Auditerfahrung (je nach Regelwerk Absolvieren der Audits unter Aufsicht eines erfahrenen Auditors)

Sind die Nachweise hierfür erbracht, erfolgt die Zulassung bzw. Berufung als Auditor. Die Voraussetzungen können darüber hinaus je nach Regelwerk variieren. Zum Beispiel sind für das Regelwerk IATF 16949 (Automotive) weiterführende fachliche Prüfungen zu absolvieren.

8. Wie kann ich mich zum Auditor ausbilden lassen?

Wenn Sie sich entschlossen haben, Auditor zu werden, dann haben idealerweise einige Jahre in verantwortlichen Fach- und Führungsfunktionen gearbeitet. Zunächst absolvieren Sie eine Auditoren-Ausbildung bei einem Bildungsträger. Als Auditor-Trainee begleiten Sie einen Lead-Auditor an mindestens zehn Audittagen bei Kundenunternehmen und ggf. absolvieren Sie weitere fachliche Schulungen, wenn das Regelwerk, für das Sie gern Auditor sein möchten, dies vorschreibt. Die meisten Anwärter wollen als Lead-Auditor zugelassen werden. Damit sind sie berechtigt, Zertifizierungsaudits (3rd party-Audits) durchzuführen.

Anbieter für Schulungsmaßnahmen für die Auditoren-Ausbildung gibt es am Markt so viele, dass es schwer ist, den Überblick zu behalten. Die meisten (mittleren und großen) Prüfdienstleister betreiben hauseigene Akademien und bieten Qualifikationsmaßnahmen für Auditoren an. Darüber hinaus kann die Ausbildung auch bei vielen Bildungsanbietern absolviert werden. Da der Markt unübersichtlich ist, empfehlen wir zwei Dinge. Erstens: Fragen Sie bei Auditoren, die Sie in Ihrer Berufspraxis kennengelernt haben, nach einer Empfehlung. Zweitens: Der Bildungsanbieter sollte selbst nach AZAV zertifiziert sein, ein Standard der Mindestqualitätskriterien für die Bildungsarbeit erfüllt.

9. Welche Beschäftigungsform ist die richtige für mich?

Es gibt drei Wege, als Auditor tätig zu werden:

  1. Sie wollen in Festanstellung für eine Zertifizierungsgesellschaft arbeiten und Ihr Wissen einsetzen. Sie genießen die Sicherheit einer Festanstellung.

  2. Sie wollen ein zweites (freiberufliches) Standbein – neben Ihrer eigentlichen Berufstätigkeit – aufbauen.

  3. Sie wollen als freiberuflich tätiger Auditor im Auftrag einer Zertifizierungsgesellschaft arbeiten und die Freiheit der Selbständigkeit haben, die es Ihnen auch möglich macht, Beratungsmandate zu übernehmen und sich einen eigenen Kundenstamm aufzubauen.

„Ein Auditor muss in der Lage sein, gedanklich in sehr kurzer Zeit Informationen zu erfassen und miteinander zu verzahnen. Dafür braucht es Offenheit, Interesse, und die Fähigkeit, schnell Dinge verarbeiten zu können. In einem Audit stellt man fortwährend Verbindungen her, vieles ist nicht gleich offensichtlich. Dafür braucht es eine gewisse Berufspraxis.“
Frank Machalz, Jurist, Auditor und Geschäftsführer der envigration GmbH, Berlin

10. Was muss ich als Auditor wissen und können?

Auditoren waren früher eine „Instanz“. Wenn sie im Unternehmen waren, um zu auditieren, dann herrschten Ehrfurcht und manchmal auch etwas Angst. Werden wir das Audit bestehen und das Zertifikat erhalten? Früher wurden Audits zudem extrem formalisiert durchgeführt, fixiert auf Checklisten, Fragenkataloge, von denen nicht abgewichen wurde. Erfreulicherweise hat sich das Selbstverständnis von Auditoren in den vergangenen Jahren gewandelt, was auch der Tatsache geschuldet ist, dass eine neue Generation von Auditoren aktiv ist, die mit ihren Kunden einen intensiven Dialog führen, mitdenken, Menschen und eine Organisation kennenlernen will und ihren Kunden auf Augenhöhe begegnet. Zudem ist der Bereich jünger und auch weiblicher geworden.

Die DIN EN ISO 19011 und die DIN EN ISO/IEC 17021 beschreiben ausführlich, welche fachlichen und persönlichen Kompetenzen ein Auditor besitzen muss. Wir haben mit Auditoren gesprochen und fassen hier einmal zusammen, welche Persönlichkeitseigenschaften und Kompetenzen sie als wichtig erachten:

  • Beurteilungskompetenz: Auditoren müssen abwägen können, was für den Kunden angemessen ist.

  • Anpassungsfähigkeit: Sie müssen sich anpassen an immer neue Menschen, Situationen und Vorgänge.

  • Abstraktionsvermögen, Fähigkeit übergreifend zu denken: Bei aller Fachlichkeit braucht es den generalistischen Blick.

  • Eigenmotivation: Die Themen sind fordernd, es gibt immer Neues zu sehen/lernen.

  • Authentizität: Sich zu verstellen, nützt nichts, dann wird das Audit nicht gut.

  • Reflexionsfähigkeit: Auditoren müssen jederzeit kritisch sein, sowohl gegenüber sich selbst als auch gegenüber den Kunden, denn das ist der Wert eines Audits.

  • Konfliktfähigkeit: Man begegnet unterschiedlichen Menschen, die alle anders reagieren. Hier zu jeder Zeit auf der Sachebene zu bleiben, ist wichtig.

  • Objektivität: Man darf nicht mit fertigen Lösungen kommen, sondern soll ermitteln, was es noch braucht und was bereits vorhanden ist.

  • Offenheit für Neues: Jedes Unternehmen hat individuelle Lösungen, um Ziele zu erreichen. Das muss man akzeptieren können, auch wenn das nicht den eigenen Vorstellungen entspricht.

  • Überparteilichkeit, Unbestechlichkeit: Auditoren stehen immer im Fokus, sie müssen ethisch-moralisch exakt arbeiten, integer sein.

  • Gewissenhaftigkeit: Allein wegen der Berichte/Reports, die zu schreiben sind, müssen Auditoren sorgfältig arbeiten. Darüber hinaus braucht es Exaktheit beim Aufzeigen von Abweichungen gegenüber der auditierten Norm, die prägnant und fundiert begründet sein müssen.

  • Kommunikationsfähigkeit: Die Kommunikation (mündlich/schriftlich) für Auditoren ist spezifisch. Man muss unfallfrei Texte schreiben können und sich einen Auditoren-Schreibstil angewöhnen. Darüber hinaus muss man pointiert und exakt formulieren können.

  • Auftreten: Der Auftritt muss souverän und professionell sein.

  • Englischkenntnisse: Englische Sprachkenntnisse sind mittlerweile (fast) in jedem Regelwerk wichtig und werden auch für Audits in internationalen Konzernen benötigt.

11. Welche Karrieretipps geben Auditoren Ihren Kollegen?

Frank Machalz, Jurist, Auditor und Geschäftsführer der envigration GmbH, nennt seine drei wichtigsten Tipps:

  • Suche dir ein Thema/Interessengebiet, auf dem du eine Expertise hast, und spezialisiere dich auf dem Gebiet weiter, baue dein Wissen aus. Stelle dich dabei nicht zu breit auf.

  • Bilde Kooperationen, vernetze dich, denn darüber lernst du.

  • Hab etwas Geduld, der Weg kann nicht in wenigen Tagen gegangen werden.

„Man muss als Auditor verstehen, dass man nicht „Everybody‘s Darling“ ist. Wer das sein möchte oder Harmonie sucht, für den ist der Job leider nichts.“ (Frank Machalz)

Stephan Rehfeld, Auditor und Berater, Geschäftsführer scope & focus Service Gesellschaft mbH in Hannover, empfiehlt Menschen, die sich als Auditor für Informationssicherheit qualifizieren wollen: „Gerade in den Bereichen IT, Informationssicherheit und Datenschutz ist Fortbildung immens wichtig, um auf dem Laufenden zu sein. Hier finden Veränderungen in immer kürzeren Zyklen statt. Und wer Abwechslung braucht: Der Auditor-Job lässt sich hervorragend mit einer Beratertätigkeit verknüpfen.“

Andreas Altena, Auditor, Trainer, Berater und Geschäftsführer der Sollence® GmbH, empfiehlt, sich u.a. mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, um die Eignung für den Job abzuklopfen:

  • Kann ich gut mit Unvorhergesehenen, vor allem mit Konfliktsituationen, umgehen?

  • Bin ich zu jeder Zeit bereit und in der Lage, zu reisen und aus dem Koffer zu leben?

  • Bin ich darauf eingestellt, dass ich mich als Auditor in einem „formalen Korsett“ bewegen muss, das die Regelwerke vorgeben?

  • Ist mir klar, dass ich im Auditprozess beim Kunden keine „Freunde“ finde und enge persönliche Beziehungen nachteilig für den Auditprozess sind?

„Mein Credo ist: Hart in der Sache, aber fair im Umgang. Jedes Audit soll wertschöpfende Ziele erfüllen und die will ich mit dem Kunden in wertschätzender Weise erreichen. Diesen Anspruch zu jeder Zeit hochzuhalten, ist anspruchsvoll. Aber sonst machen wir Auditoren auch keinen guten Job.“ (Andreas Altena)

„Es ist hilfreich, schon zu Beginn einen erfahrenen Auditor als Mentor an der Seite zu haben. Jemand, der sich kümmert, der einen empfiehlt und einem hilft, ein Netzwerk in der Branche und bei Kunden aufzubauen. Jemand, der einen zu Hospitationen mitnimmt. So hat man als Auditor eine Chance, wichtige Erfahrungen zu sammeln und selbst im Audit Sicherheit zu erlangen.“ (Dr. Markus Reimer)

„„Im Audit muss man in der Lage sein, ein „potemkinsches Dorf“ erkennen zu können. Dafür braucht man die richtigen Methoden, um dahinter blicken zu können.““
Stephan Rehfeld, Auditor und Berater, Geschäftsführer scope & focus Service Gesellschaft mbH, Hannover

12. Was ist das Faszinierende am Job des Auditors?

Bei allen Auditoren, mit denen wir gesprochen haben, spürten wir, dass sie – egal wie lange sie in diesem Beruf arbeiten – eine große Leidenschaft für Menschen und Organisationen haben. Sie eint, dass sie in das Innerste einer Organisation blicken dürfen, dass man ihre Expertise als Gutachter schätzt und dass sie ein Unternehmen über einige Jahre begleiten, wachsen sehen dürfen.

Wir lassen sie hier zu Wort kommen.

Was das Tolle an der Tätigkeit eines Auditors ist? Jederzeit neugierig und wissbegierig sein zu dürfen und Unternehmen von innen zu sehen und zu erleben, nämlich dort, wo ein „Normalsterblicher“ niemals hineinblicken kann. Das ist spannend und dient zugleich dem respektvollen Umgang mit anderen Wissensträgern aus Bereichen, in denen man nicht ,zu Hause‘ ist, wie z.B. Naturwissenschaftlern Ingenieuren, Betriebswirten.“ (Frank Machalz)

„Durch seine Arbeit hat der Auditor die Chance, Unternehmen den Spiegel vorzuhalten und damit Impulse für die Unternehmensentwicklung zu setzen. Dies auf den unterschiedlichsten Ebenen mit den Menschen gemeinsam zu tun. Das fasziniert mich.“ (Andreas Altena)

„Ein moderner Auditor will die Wirksamkeit der Maßnahmen sehen, die ein Unternehmen zur Prozessverbesserung und Qualitätssicherung unternimmt. Er geht im Unternehmen auf möglichst viele unterschiedliche Menschen zu, spricht mit den Verantwortlichen und deren Mitarbeitern und überzeugt sich davon, ob die Maßnahmen wirken oder nicht. Das ist es, was mich an dieser Arbeit fasziniert.“ (Stephan Rehfeld)

„Jedes Kundenunternehmen ist anders, ob Strategie, Organisation, Struktur, Prozesse, Kultur oder Umfeld. Unternehmen sind nie 1:1 vergleichbar. Auch die Führungskräfte und damit die Führungskultur, welche einen großen Einfluss auf den Erfolg des Unternehmens haben, sind von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Jedes Unternehmen hat sehr unterschiedliche Herausforderungen, die es meistern muss. Als Auditor ist man nicht nur der externe Prüfer, der die Umsetzung von Normforderungen prüft, sondern ein Begleiter auf dem Weg zu einem exzellenten Unternehmen und im besten Falle baut man Vertrauen zu den handelnden Personen auf.“ (Martina Scharwey)

„Mich begeistert, dass ich als Auditor eine sehr abwechslungsreiche Arbeit mache und ein breites Portfolio bediene. Ich habe jedes Mal die Möglichkeit, mich ganz unterschiedlichen Menschen zuzuwenden. Und dafür wird mir Wertschätzung und Vertrauen entgegengebracht.“ (Dr. Markus Reimer)

Danksagung

Für den Artikel haben wir mit erfahrenen Auditoren gesprochen. Wir möchten uns bei unseren Gesprächspartnern bedanken, die uns für diesen Artikel umfassend Auskunft gegeben und uns beraten haben.

Stephan Rehfeld
Auditor und Berater, Geschäftsführer scope & focus Service Gesellschaft mbH, Hannover
Seine Audit- und Beratungsschwerpunkte: Datenschutz und Informationssicherheit
Stephan Rehfeld im Netz
Stephan Rehfeld in Xing

Dr. Phillip Käser
Auditor und Berater, Geschäftsführer Dr.-Ing. Phillip Käser Consulting GmbH, Berlin
Seine Audit- und Beratungsschwerpunkte: Qualitätsmanagement, Arbeits- und Umweltschutzmanagement, Informationssicherheitsmanagement, Datenschutzmanagement
Dr. Phillip Käser im Netz
Dr. Phillip Käser im LinkedIn

Dr. Markus Reimer
Berater, Auditor, Redner und Autor, Edenstetten
Seine Audit- und Beratungsschwerpunkte: Qualität, Nachhaltigkeit, Innovation, Wissen
Dr. Markus Reimer im Netz
Dr. Markus Reimer in LinkedIn

Andreas Altena
Auditor, Trainer, Berater und Geschäftsführer der Sollence® GmbH, Krefeld
Seine Audit- und Beratungsschwerpunkte: Organisationsentwicklung und integrierte Managementsysteme, Qualitäts-, Informationssicherheits-, Risiko- und (IT-)Servicemanagement.
Andreas Altena im Netz
Andreas Altena in XING

Frank Machalz
Geschäftsführer der envigration GmbH Integriertes Management und Auditor
Seine Audit- und Beratungsschwerpunkte: Risikomanagement, Compliance, Nachhaltigkeits-, Klima- und Umweltmanagement, Antikorruptions- und Business Continuity Management
Frank Machalz im Netz
Frank Machalz in XING

Martina Scharwey
Dipl.-Kauffrau, Auditorin, Beraterin und Trainerin, Inhaberin KMS Consult – Qualitäts- und Personalmanagementberatung, Frankfurt/Main
Ihre Audit- und Beratungsschwerpunkte: Qualitätsmanagement speziell für die Finance-Branche (Versicherungen, Banken, Leasinggesellschaften) sowie für Unternehmen aus Beratung, Weiterbildung und für den Personalbereich. Sie berät in Organisationsentwicklungsfragen (Implementierung von Kennzahlensystemen sowie Prozess-, Projekt-, Risiko- und Personalmanagement)
Martina Scharwey im Netz
Martina Scharwey in LinkedIn