5. Wie werde ich Auditor oder Auditorin?
Es gibt keinen erlernbaren „Beruf“ Auditor. Hierbei handelt es sich um eine „Aufstiegsqualifikation“, die man als Berufserfahrener erwirbt. Auditoren sind damit allesamt Quereinsteiger in das Thema. Sie haben auf ihrem Fachgebiet oder in ihrer Branche umfassende und weitreichende Kenntnisse und Erfahrungen erworben, was sie zunächst für die Auditorenaufgabe qualifiziert. Denn ohne eine fachspezifische Ausbildung und die Berufserfahrung ist ein Auditor nicht in der Lage, die richtigen Fragen zu stellen und Probleme beim Audit zu erkennen.
Aus unserer Erfahrung gibt es auch keinen bestimmten Weg, Auditor zu werden. Viele Auditoren berichteten uns, dass sie im Laufe ihrer Berufstätigkeit mit dem Thema Qualitätsmanagement in Berührung gekommen sind, entweder weil sie in einer solchen Abteilung gearbeitet, als Fachverantwortlicher Audits begleitet, Werkstoffe geprüft oder Qualitätsanalysen durchgeführt haben. Andere haben sich für die Normen- oder Prozessoptimierung interessiert und dann mit entsprechenden Regelwerken gearbeitet. An dieser Stelle beispielhaft drei Karrierewege:
Dr. Phillip Käser, Geschäftsführer Dr.-Ing. Phillip Käser Consulting GmbH, Berlin, beschreibt den Beginn seiner Auditoren-Laufbahn als „Zufallsprodukt“. Als Maschinenbauer arbeitete er bei einem Pumpenhersteller. Sein Vorgesetzter gab ihm den Auftrag, ein internes Audit durchzuführen, schmiss ihn quasi ins kalte Wasser. Sein erstes Audit war Aufregung pur, doch er fand sehr schnell Gefallen daran, interne Prozesse und Systeme einer Prüfung und Bewertung zu unterziehen, und übernahm schließlich im Unternehmen die Verantwortung für das Auditmanagement. Eine weitere Initialzündung dafür, den Job zur Berufung zu machen, gab ihm ein Auditor einer Zertifizierungsgesellschaft, der ihn als Mensch und in seiner Rolle als Auditor sehr inspirierte. Ein ruhiger, unaufgeregter Mann, mit einer positiven und optimistischen Einstellung, der ihm das wichtigste Prinzip nahebrachte, nämlich sich selbst zurückzunehmen und dafür aktiv zuzuhören.
Frank Machalz ist Geschäftsführer der envigration GmbH Integriertes Management und Auditor. Er hat einen technischen und juristischen Hintergrund. Seit über 20 Jahren ist er insbesondere in den Bereichen Risiko- und Compliance, aber auch Nachhaltigkeits-, Klima- und Umweltmanagement sowie Antikorruptions- und Business Continuity Management beratend und auditierend im Einsatz. Seine berufliche Entwicklung begann mit der klassischen juristischen Mandats- und Dezernatsarbeit, die ja oft erst dann startet, wenn ein Konflikt bereits vorhanden ist, der nun gelöst werden muss. Mit Gründung einer eigenen, interdisziplinär ausgerichteten Beratungsfirma im Bereich der Managementsysteme und dem Beginn der Tätigkeit als Auditor war ein gewollter Perspektivwechsel verbunden. Jetzt geht es in seiner Tätigkeit vor allem um Prävention und Konfliktvermeidung.
Martina Scharwey ist heute mit der KMS Consult selbständige Auditorin, Beraterin und Trainerin in Frankfurt am Main und hat sich auf das Thema Qualitätsmanagement in der Dienstleistungs- und hier insbesondere auf die Finance/Banking-Branche spezialisiert. Sie arbeitete zunächst in den USA für eine der großen Wirtschaftsprüfungs-/ Steuerberatungsgesellschaften und führte dann für die deutschen Niederlassungen ein QM-System ein, das nach ISO 9001 zertifiziert wurde. Immer mehr Kunden aus dem Dienstleistungsbereich sprachen vor und baten um Beratung und Audits, um ein unternehmensspezifisches QM-System zu entwickeln und sich nach der ISO 9001 zertifizieren zu lassen. Dies war zum damaligen Zeitpunkt keine typische Dienstleistung und es gab keine ausreichend qualifizierten Auditorinnen und Auditoren mit Dienstleistungs- und schon gar nicht mit Finance-Erfahrungshintergrund. So ließ sich Martina Scharwey selbst zur Qualitätsmanagerin und zur Auditorin ausbilden und arbeitet seit über 25 Jahren, neben ihrer beratenden Tätigkeit, als Senior Lead Auditorin für die DQS GmbH, eine der führenden internationalen Zertifizierungsgesellschaften.
Dr. Markus Reimer ist Berater, Auditor, Redner und Autor von Fachbüchern. „Ich habe früher einmal an der ,anderen Seite des Tisches‘ gesessen, als Qualitätsmanagementbeauftragter einer Bildungseinrichtung. Vor etwa 15 Jahren habe ich dort mit einem Auditor zusammengearbeitet, der mich durch seine zugewandte, humorvolle Art und sein Interesse an mir und der Einrichtung beeindruckt hat. Das hat bei mir das Interesse für den Beruf geweckt. Dieser wurde dann mein Mentor und Unterstützer.“
Welche formellen Anforderungen muss ich erfüllen?
- Formelle Ausbildung bzw. Studium (die meist auf das künftige Einsatzgebiet des Regelwerkes ausgerichtet ist)
- Berufserfahrung in der Branche (mindestens vier bis fünf Jahre, um zugelassen zu werden, und je 2 Jahre Berufserfahrung für Fachgebiete, für die der Einsatz als Auditor geplant ist).
- Schulungen zum Auditor (Ausbildungen zum QMF, QMB, QMA, Auditor-Qualifizierung)
- Fachbezogene Zusatzschulungen für das Regelwerk
- Auditerfahrung (je nach Regelwerk Absolvieren der Audits unter Aufsicht eines erfahrenen Auditors)
Dann erfolgt die Zulassung durch die Akkreditierungsstelle. Die Voraussetzungen können je nach Regelwerk variieren. Zum Beispiel sind für das Regelwerk IATF 16949 (Automotive) weiterführende fachliche Prüfungen zu absolvieren.
Wo kann ich mich ausbilden lassen?
Wenn Sie sich entschlossen haben, Auditor zu werden, dann sind auf ihrem Fachgebiet längst Profi und haben idealerweise einige Jahre in verantwortlichen Fach- und Führungsfunktionen gearbeitet. Zunächst absolvieren Sie eine Auditoren-Ausbildung bei einem Bildungsträger. Als Auditor-Trainee begleiten Sie einen Lead-Auditor an mindestens zehn Audittagen bei Kundenunternehmen und ggf. absolvieren Sie weitere fachliche Schulungen, wenn das Regelwerk, für das Sie gern Auditor sein möchten, dies vorschreibt. Die meisten Anwärter wollen als Lead-Auditor zugelassen werden. Damit sind sie berechtigt, Zertifizierungsaudits durchzuführen, die dann in einem Zertifikat (ausgestellt von der Zertifizierungsstelle) münden.
Welche Arbeitsform ist die richtige für mich?
Es gibt drei Wege, als Auditor tätig zu werden:
- Sie wollen in Festanstellung für eine Zertifizierungsgesellschaft arbeiten und Ihr Wissen einsetzen. Sie genießen die Sicherheit einer Festanstellung.
- Sie wollen ein zweites (freiberufliches) Standbein – neben Ihrer eigentlichen Berufstätigkeit – aufbauen.
- Sie wollen als freiberuflich tätiger Auditor im Auftrag einer Zertifizierungsgesellschaft arbeiten und die Freiheit der Selbständigkeit haben, die es Ihnen auch möglich macht, Beratungsmandate zu übernehmen und sich einen eigenen Kundenstamm aufzubauen.