Digitale Transformation im Gesundheitsmarkt (Teil 8)

„Wir müssen uns für den Wettbewerb mit Akteuren wappnen, die wir noch nicht kennen“

Björn Zeien berät gemeinsam mit einem Netzwerk von Expert:innen Unternehmen auf dem Weg ins digitale Zeitalter. Hier erklärt er, wie sein Start-up health h funktioniert und was die Gesundheitsbranche von anderen Branchen lernen kann.

Was ist health h?
Wir sind ein Netzwerk von mehr als 30 Berater:innen, die Unternehmen in der Gesundheitsbranche bei der digitalen Transformation und dem Markteintritt sowie Städte, Gemeinden und Kommunen beim Aufbau neuer Versorgungsstrukturen unterstützen. Damit füllen wir die Lücke, die zwischen Solo-Berater:innen und großen Beratungsgesellschaften besteht. Die digitale Transformation kann man als Berater:in nicht allein abwickeln, weil das Themenfeld so umfangreich ist. Und die großen Consultingfirmen sind oft sehr hochpreisig und theoretisch. Health h (gesprochen „health age“) steht nicht nur durch den eigenen Namen Pate für ein neues „Gesundheitszeitalter“. Wir können unsere individuell zusammengestellten und interdisziplinären Teams flexibel an die Projekterfordernisse anpassen.

Wie sieht die Zusammenarbeit konkret aus?
Der Kunde hat einen Ansprechpartner und schaut gemeinsam mit ihm oder ihr, welche Berater:innen aus unserem Netzwerk am besten zu seinem Anliegen passen. So setzen wir ein Advisory Board speziell für diesen Kunden zusammen. Alle Expert:innen von health h kommen aus der Praxis, manche mit 40 Jahren Erfahrung in der Gesundheitsbranche, andere mit Fokus auf neue Technologien. Thematisch sind wir sehr breit aufgestellt, so dass wir einen individuellen Fahrplan für unsere Kunden entwickeln können.

„Etablierte Unternehmen in der Gesundheitsbranche sollten sich die Freiheit nehmen, eine eigene Struktur für Andersdenkende aufzubauen, in der sich Mitarbeiter:innen mit neuen Ideen einbringen können. An etwas festzuhalten, weil man die Strukturen dafür aufgebaut hat, ist nicht hilfreich.“
Björn Zeien, Gründer health h

Und welche Unternehmen haben Sie im Blick?
Wir beraten Unternehmen, die bereits in der Gesundheitsbrache etabliert sind, aber auch Firmen, die erst in der Branche Fuß fassen wollen, etwa weil sie aus anderen Branchen kommen, oder aus dem Ausland nach Deutschland expandieren möchten. Auch Städte und Gemeinden, die neue Versorgungsstrukturen aufbauen wollen, sind bei uns richtig.

Was kann die Gesundheitsbranche von anderen Branchen lernen?
Wir müssen uns für den Wettbewerb mit Akteuren wappnen, die wir noch gar nicht kennen. Die Automotive-Branche ist dafür ein gutes Beispiel: Die Automobilkonzerne müssen sich derzeit komplett wandeln, weil neue Player wie Tesla mit großer Radikalität in den Markt vorgedrungen sind. Etablierte Unternehmen in der Gesundheitsbranche sollten sich die Freiheit nehmen, eine eigene Struktur für Andersdenkende aufzubauen, in der sich Mitarbeiter:innen mit neuen Ideen einbringen können. An etwas festzuhalten, weil man die Strukturen dafür aufgebaut hat, ist nicht hilfreich. Es braucht den Mut zur Veränderung und eine Kultur, die auch Fehler zulässt.

Welche Rolle spielt Führung im digitalen Zeitalter?
Es wird immer wichtiger, dass man sich als Vorgesetzte:r als Coach versteht und sich fragt, wie man die eigenen Mitarbeiter:innen am besten unterstützen kann. Das patriarchale Führen von oben herab hat ausgedient, stattdessen kommt es auf das Miteinander an. Dazu gehört auch, dass man Mitarbeiter:innen viel mehr in die Entwicklung und in die Prozesse einbezieht und bei der Teamzusammensetzung stärker auf die Interessen als auf die formale Qualifikation schaut. Ich hatte mal einen Mitarbeiter, der sich privat mit Robotik befasst hat, ohne beruflich damit zu arbeiten. Er ist im Urlaub zu Kongressen gefahren, um sich weiterzubilden. Durch den persönlichen Austausch bin ich auf dieses Interesse aufmerksam geworden und habe ihn dann in einem Projekt zu Robotik in der Pflege eingesetzt. Ein Glücksgriff! Bei einem formalen Vorgehen wäre er durchs Raster gefallen.

„Ich möchte nur noch mit den Willigen im Gesundheitswesen zusammenarbeiten, mit denen, die erkannt haben, dass etwas verändert werden muss.“
Björn Zeien

Sie waren viele Jahre im Gesundheitswesen angestellt beschäftigt, zuletzt als Vorstand für strategische Unternehmensentwicklung bei NOVENTI Health SE. Was hat Sie bewogen, sich mit einem Beraternetzwerk selbstständig zu machen?
Nach 30 Jahren Berufsleben habe ich mich gefragt, was ich die nächsten 20 Jahre machen möchte. Ich habe schon immer stark in Kooperationen und Netzwerken gedacht und ich fand es spannend, das in den Vordergrund zu stellen. Außerdem möchte ich nur noch mit den Willigen im Gesundheitswesen zusammenarbeiten, mit denen, die erkannt haben, dass etwas verändert werden muss. Das besitzstandswahrende Denken ist in der Branche leider sehr ausgeprägt. Die Corona-Pandemie hat hier aber Bewegung reingebracht und das Lieblingsargument der Verhinderer „Das geht nicht“ durch funktionierende Praxisbeispiele entkräftet.

Fiel Ihnen der Wechsel von der Vorstandsebene in die Existenzgründung leicht?
Ich mache jetzt wieder Sachen, die mir vorher abgenommen worden sind. Dafür lerne ich aber auch unheimlich viel: Die Zusammenarbeit mit den anderen Expert:innen, die alle ganz unterschiedliche Backgrounds und Beratungsansätze haben, ist extrem spannend. Ich erhalte Einblicke, die ich sonst nicht erhalten hätte, und wir erstellen In unseren internen Arbeitsgruppen Konzepte in einer Geschwindigkeit und Dynamik, die ich so vorher in meinem Berufsleben nicht gekannt habe.

Zur Person:
Björn Zeien arbeitet seit 20 Jahren in der Gesundheitsbranche, zunächst für eine Sanitätshauskette, später für die IT-Dienstleister HMM Deutschland und die opta data Gruppe. Bei der NOVENTI Health SE zeichnete er zuletzt als Bereichsvorstand für die Strategie verantwortlich, bevor er Anfang 2021 das Beraternetzwerk health h gründete.

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