„Ich war am Anfang auch überrascht, was alles verklebt wird“

Herr Dammann, was sollten Menschen über Klebstoffe und Produkte aus Ihrem Unternehmen wissen?
H.B. Fuller bietet Lösungen für alles, was industriell verklebt wird. Wussten Sie zum Beispiel, dass in einer Windel bis zu sieben Klebstoffe die Funktionalität sichern? Ohne uns würden weder die Etiketten auf den Flaschen noch die verschiedenen Schichten einer Chips-Tüte zusammenhalten. In sehr vielen Bereichen des täglichen Lebens ist Klebstoff unverzichtbar und viel weiter verbreitet als man denkt. Auch ich war am Anfang überrascht, was alles verklebt wird – achten Sie mal nur allein auf die unterschiedlichen Kartons in den Supermärkten.

„Klebstoff bedeutet für die Unternehmen keine allzu hohe finanzielle Belastung (nur rund zwei Prozent der Verpackungskosten), aber ein sehr hohes Risiko: Wenn die Etiketten nicht halten, gibt es teure Rückrufaktionen.“
Peer Dammann

Wie hat sich diese Branche in den vergangenen Jahren verändert und was bedeutet das für Ihr Unternehmen?
Früher war es ausreichend, zu den Einkäuferinnen und Einkäufern und dem Produktionsleiter ein gutes Verhältnis zu haben. Immer mehr Unternehmen haben heute verschiedene Fachleute wie Qualitätsmanager, Prozessingenieure, Verpackungsentwickler, Marketing-Spezialisten, Continous Improvement Manager und so weiter – all diese Funktionen müssen im Entscheidungsprozess abgeholt und einbezogen werden, da sie sonst ihr Veto einlegen könnten. Klebstoff bedeutet für die Unternehmen keine allzu hohe finanzielle Belastung (nur rund zwei Prozent der Verpackungskosten), aber ein sehr hohes Risiko: Wenn die Etiketten nicht halten, gibt es teure Rückrufaktionen. Ein anderes Thema, das omnipräsent ist: Plastik. Die Verschmutzung der Weltmeere ist ständig in der Presse, sodass auch ein Umdenken unerlässlich ist. Und so versuchen unsere Kunden – soweit möglich – Plastik zu vermeiden. Wir wiederum arbeiten hier eng mit Kartonherstellern zusammen und versuchen Lösungen zu entwickeln, etwa indem der Klebstoff als Feuchtigkeitsbarriere dient, die Papier alleine nicht liefert.

In vielen Branchen werden heute Stories kreiert, um die Produkte zu verkaufen und neue Kunden zu gewinnen. Welche Stories erzählen Sie als Unternehmen Ihren Kunden?
Stories eignen sich aus meiner Sicht – wenn überhaupt – nur dazu, Einmalgeschäfte zu generieren. Aber dies liegt mir als hanseatischem Kaufmann nicht. Zudem liegt mir viel daran, eine gute und vertrauenswürdige Partnerschaft zu meinen Kunden aufzubauen. Die Branche ist zwar groß, aber man trifft immer wieder auf die gleichen Akteure – und was hilft da besser, als von den Meinungsbildnern empfohlen zu werden: Weil man in kritischen Situationen gemeinsam Lösungen erarbeitet hat, die es den Kunden ermöglichen, effizienter zu produzieren. Das ist unsere Erfolgsstory.

„Es gilt herauszufinden, welche Probleme beim Kunden vorherrschen, auch wenn dieser den Zustand als normal empfindet. Aber dafür muss man nicht nur fragen können, sondern vor allem auch zuhören, was – in meiner Beobachtung – im Vertrieb oftmals nicht allzu verbreitet ist.“
Peer Dammann

Was heißt das für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Muss man Spezialist oder Generalist sein oder eher Querdenker?
Wichtig ist, dass man den richtigen Ton im Umgang mit den verschiedensten Bereichen trifft, vom Chefeinkäufer in der Firmenzentrale bis zum Maschinenführer in der Produktion. Dabei gilt es dann auch, die richtigen Fragen zu finden, um zu erörtern, welche Probleme beim Kunden vorherrschen, auch wenn dieser den Zustand als normal empfindet. Aber dafür muss man nicht nur fragen können, sondern vor allem auch zuhören, was – in meiner Beobachtung – im Vertrieb oftmals nicht allzu verbreitet ist. Für eine nachzubesetzende Stelle suche ich beispielsweise derzeit nicht nach einem Klebstoffspezialisten, das kann man lernen. Viel wichtiger ist mir, dass der Kandidat oder sehr gerne auch die Kandidatin die Fähigkeit mitbringt, im Erstkontakt mit potenziellen Neukunden Interesse an einer verlässlichen Zusammenarbeit zu wecken. Das ist das Fundament. Aber natürlich hilft dabei ein bereits bestehendes Netzwerk insbesondere in der Lebensmittelindustrie enorm.

Wohin geht die Reise für Ihre Branche?
Ein Thema, an dem intensiv gearbeitet wird, ist die Nachhaltigkeit: Hier werden zeitnah Lösungen gefunden werden müssen, um auch den Klebstoff recyceln zu können. Hierbei ist das Ziel nicht nur, dass er den Recycling-Prozess der Primärverpackung nicht stört, sondern dass auch er selbst einem neuen Produkt zugeführt werden kann. Alternativ dazu ist auch vorstellbar, dass der Klebstoff voll kompostierbar wird. Generell geht es in immer mehr Bereichen auch darum, die Festigkeit zu steigern und gleichzeitig an Gewicht zu sparen. Auch hier kann zum Beispiel der Klebstoff immer besser helfen und Verfahren wie Schweißen oder Löten insbesondere in der Flugzeug- und Elektronikindustrie ablösen. Sie sehen, so profan Klebstoff zunächst wirkt, es gibt viele spannende Themen, an denen man arbeiten kann. Wichtig ist, dass man Freude an Veränderungen hat und neugierig bleibt. Auch in unserer Branche ist viel Bewegung und wer beweglich bleibt, ist genau richtig.

Zur Person
Mit einem Diplom beendete der gebürtige Hamburger Peer Dammann sein Studium Internationales Management, heuerte als Finanzmitarbeiter bei der Hansetrans Holding an, machte einen Abstecher in die Pharmabranche, und arbeitet seit 2011 bei H.B. Fuller, einem globalen Entwickler und Hersteller von Industrieklebstoffen, derzeit als Geschäftsführer der Deutschland GmbH und Vertriebsleiter, Schwerpunkt Klebstoffe für Verpackungen der