Bewerbungsgespräch: Erwartungen nicht zu klären hat Folgen

Viel zu häufig werden die gegenseitigen Erwartungen an ein Arbeitsverhältnis nicht konkret genug besprochen. Die Folge: Frust und Unzufriedenheit auf beiden Seiten schon in der Probezeit! Im Artikel geben wir Tipps für Unternehmen wie Bewerbende, wie man möglichst konkret Erwartungen erfragen und ein gemeinsames Verständnis erzielen kann.

Unser Verständnis als Personalberater ist, dass wir Kandidaten und Auftraggeber intensiv begleiten – und zwar in allen Phasen der Bewerbung. Dazu gehört es, zu Fragen der Kommunikation der Erwartungshaltung, der Kultur des Unternehmens und des Teams beratend zur Seite zu stehen. Und natürlich unterstützen wir bei der Vorbereitung auf die jeweiligen Gespräche und die Gesprächspartner. So stellen wir sicher, dass beide Seiten gut vorbereitet sind und sich im Gespräch entspannt und offen austauschen können. Die Zeit soll dafür genutzt werden, einander gut kennenzulernen und besser einzuschätzen. Was machen Bewerbende, wenn diese Unterstützung durch einen Personalberater nicht greifen kann, weil er sich direkt beim Unternehmen beworben oder das Unternehmen ihn angesprochen hat?

Erwartungshaltung klären - Die gute Vorbereitung ist entscheidend!

Mangelnde Vorbereitung auf ein Bewerbungsgespräch ist für beide Seiten ärgerlich. Es bedeutet häufig, dass man sich die Zeit und den Aufwand hätte sparen können, denn in den meisten Fällen führt eine schlechte Vorbereitung nicht zum gewünschten Ergebnis, sprich zur Einstellung. So passiert es häufiger als gedacht, dass in den Bewerbungsgesprächen bestimmte Themen ausgespart, nicht thematisiert oder nicht direkt angesprochen werden.

Ein Beispiel: Die Erwartungshaltung (die des Bewerbers wie die des Unternehmens) wurde im Bewerbungsgespräch nicht klar und eindeutig formuliert. Man war sich zwar sympathisch, die Atmosphäre war gut, viele Themen wurden besprochen. Jedoch das Anforderungsprofil und die gegenseitigen Erwartungen an die Aufgabe spielten im Gespräch kaum eine Rolle.
Der neue Mitarbeiter stellt in der Probezeit plötzlich fest, dass er Aufgaben übernehmen soll, die im Bewerbungsgespräch nicht zur Sprache kamen. Nicht selten hören wir von Kandidaten, dass am ersten Arbeitstag ein völlig neuer Job auf sie wartete. Schlimmer noch: Plötzlich stellt der Arbeitgeber an den Mitarbeitenden Forderungen, die so nie thematisiert wurden. Leistungen des Mitarbeiters werden an Kriterien gemessen, die so nicht besprochen waren. Auf beiden Seiten herrscht Unverständnis, die schnell in Unzufriedenheit und Frustration münden kann. Das Ergebnis? Kommt es dann zu keinem klärenden Gespräch zwischen beiden Parteien, dann löst entweder der Arbeitgeber den Vertrag wieder oder der Mitarbeiter sucht sich nach kurzer Zeit eine neue Aufgabe.

Da dieses Szenario gar nicht so selten vorkommt, ist es unerlässlich, dass sich beide Seiten vor dem Bewerbungsgespräch darüber klar werden sollten, was sie möchten. 89 % der Bewerbenden erwarten z.B., dass die Jobanforderungen klar formuliert sind (Quelle: Statista). Sie fordern Transparenz über fachliche Anforderungen und die Arbeitsaufgaben. Die Erwartungshaltung des Bewerbenden korreliert nämlich stark mit seiner Wechselmotivation. Schließlich wird kaum ein Bewerber seinen Arbeitgeber verlassen, wenn die Vorgesetzten motivierend und unterstützend sind, wenn die Aufgaben interessant waren und dem Qualifikationsprofil des Mitarbeitenden entsprachen und die Arbeitsabläufe effektiv und gut strukturiert waren.
Für die Unternehmen bedeutet das, nicht nur danach zu fragen, warum jemand seinen Arbeitgeber verlassen hat. (mit Blick in die Vergangenheit: Was darf nicht mehr sein?) Zugleich muss das Unternehmen danach fragen: Was suchen Sie in Zukunft, in Ihrer neuen Aufgabe und welche Rahmenbedingungen müssen für Sie erfüllt sein, damit Sie einen guten Job machen? (mit Blick in die Zukunft: Was soll künftig besser werden?)

Unternehmen: Klären Sie die persönlichen Erwartungen des Bewerbers

  • Wunsch nach Entwicklung: Wie genau möchten Sie sich beruflich weiterentwickeln? Welche Themen liegen Ihnen am Herzen? Mit welchen Aufgaben würden Sie gern künftig betraut werden?

  • Verantwortung: Für welche Themen möchten Sie künftig Entscheidungen treffen und für welche Bereiche/Themen Verantwortung übernehmen?

  • Führung: Sehen Sie sich eher als Experte oder als Führender? Haben Sie Interesse, die Leitung (fachliche Führung) von Projekten zu übernehmen?

  • Wirkungskreis: Möchten Sie künftig internationaler oder eher regional arbeiten?

  • Qualifikation: Fühlen Sie sich für die Aufgabe ausreichend qualifiziert? Was benötigen Sie noch? Welche Qualifikationen streben Sie über Ihr Fachgebiet hinaus noch an?

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die folgenden Fragen bei den Kandidaten für ein erstes Nachdenken sorgen und den Prozess anstoßen, sich über ihre Erwartungen klar zu werden.

  • Was darf in Ihrem künftigen Job keinesfalls passieren?

  • Was haben Sie zuletzt in Ihrem Job (Aufgaben, Rahmenbedingungen, Kultur) vermisst?

  • Was würden Sie als zwingende Voraussetzung beschreiben, damit Sie einen guten Job ausüben können?

Selbstredend sollten Unternehmen sich bei jeder Stellenanzeige möglichst klar und eindeutig das Jobprofil beschreiben. (Stichwort Anforderungsprofil). Aber auch der Bewerber sollte das Gespräch unbedingt dazu nutzen, alle seine Fragen zu klären. Nehmen Sie sich die Zeit, recherchieren Sie gründlich, wie sich das Unternehmen selbst sieht, welche Erwartungen an künftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter formuliert werden. Und greifen Sie diese Informationen im Vorstellungsgespräch auf. Je mehr Gedanken / Fragen sie sich im Vorfeld zum Unternehmen, dem Team und der konkreten Aufgabe machen, desto präziser werden sie im Gespräch herausfinden, was genau die Erwartungshaltung des Unternehmens an den Job und an Sie ist.

Bewerbende: Formulieren Sie möglichst konkret Fragen zum neuen Job

  • Wie sieht der übliche Tagesablauf in dem Job aus?

  • Gibt es neben den bereits geschilderten Aufgaben weitere Themen, für die ich Verantwortung übernehmen soll?

  • Was halten Sie für Herausforderungen an der Aufgabe, die es zukünftig zu bewältigen gibt? Was erwarten Sie von mir für die Lösung dieser Aufgaben?

  • Nach welchen Kriterien messen Sie den Erfolg in dieser Aufgabe?

  • Welche persönlichen Eigenschaften sollte ein Bewerber (neben den fachlichen) mitbringen, um den Job ideal zu bewältigen? Was wünschen Sie (als direkter Vorgesetzter) sich von Ihrem zukünftigen Mitarbeiter?

  • Beschreiben Sie das Team/ Arbeitsumfeld, die zu diesem Job wesentlich dazugehören. Was zeichnet das Team aus? Was funktioniert noch nicht ideal? Welche Rolle soll ich in dem Team einnehmen (Lead / Junior / Senior)

  • Und ganz wichtig: Was muss ich in der Rolle in den ersten 100 Tagen geschafft haben, damit Sie zufrieden sind?

Hinterfragen Sie dabei typische Allgemeinplätze in Jobanzeigen/auf der Karriereseite. Dabei gewinnen sie einen guten Einblick in die Themen Teamplay, Führung, Kultur und den eigentlichen Job. Auch Fragen zur Strategie des Unternehmens sind hilfreich, um einzuschätzen, ob ein Unternehmen und seine Entwicklung zu einem passen. Nach dem Gespräch haben beide Seiten für sich hoffentlich klare Kriterien gewonnen, an denen sie ihre Entscheidung ausrichten können.

Entscheiden Sie besser mit Fakten als nur nach (Bauch)Gefühl. Viel Erfolg!