Digitale Transformation im Gesundheitsmarkt (Teil 4)

"Der Besuch des Außendienstes wird Bestand haben"

Thomas Ritschel leitet beim Medizinproduktehersteller ConvaTec den deutschlandweiten Vertrieb im Bereich Wundversorgung. Hier spricht er über den Einfluss der Digitalisierung auf die Arbeit im Außendienst und die Behandlung von Wunden.

Wie wirkt sich die digitale Transformation auf Ihre Arbeit im Vertrieb aus?
Ich habe schon einige Transformationen im Außendienst miterlebt. In meinen Anfangsjahren haben wir Außendienstler unsere Aufträge noch aus der Telefonzelle an ein Sekretariat übermittelt! Inzwischen werden die Aufträge natürlich automatisch verarbeitet und wir nutzen digitale Tools für das Customer-Relationship-Management, um die Bedürfnisse unserer Kunden genau zu treffen und ihre Sorgen und Einwände ernst zu nehmen. Außerdem messen wir mit speziellen Programmen die Effektivität unseres Außendienstes, um daraus Optimierungspotenzial abzuleiten. Während der Pandemie kommen verstärkt Videoanrufe zum Einsatz. All diese Tools sind sehr nützlich, ich glaube trotzdem nicht, dass unser Außendienst in Zukunft komplett digital funktionieren wird.

Warum nicht?
Videoanrufe können das persönliche Gespräch von Angesicht zu Angesicht nicht ersetzen. Patienten mit chronischen Wunden haben meist starke Schmerzen und große Einschränkungen in ihrer Lebensqualität – das nimmt auch die Menschen mit, die sie behandeln. Dazu gehören außer wundversorgenden Ärztinnen und Ärzten auch Pflegekräfte in Altenheimen oder Krankenschwestern mit Zusatzausbildung. Unsere Außendienstmitarbeiter bringen das nötige Verständnis und Fingerspitzengefühl für die Situation der Wundtherapeutinnen und -therapeuten mit. Hinzu kommt, dass die Produkte, die wir vertreiben, sehr erklärungsbedürftig sind. Den Erstkontakt können unsere Mitarbeiter sehr gut aus dem Homeoffice aufbauen. Die dadurch eingesparte Fahrzeit ermöglicht eine intensivere Beschäftigung mit den Kunden im Anbahnungsprozess. Der finale Besuch des Außendienstes aber wird Bestand haben.

„Es gibt viele Social-Media-Gruppen, die sich mit Wundversorgung befassen. Auch wir beteiligen uns an solchen Gruppen. Dort tauschen sich unsere Mitarbeiter mit Therapeuten und anderen Fachleuten aus.“
Thomas Ritschel, Nationaler Verkaufsleiter Wundmanagement ConvaTec GmbH

Nutzen Sie im Vertrieb auch soziale Medien?
Ja, sehr rege. Es gibt viele Social-Media-Gruppen, die sich mit Wundversorgung befassen. Auch wir beteiligen uns an solchen Gruppen. Dort tauschen sich unsere Mitarbeiter mit Therapeuten und anderen Fachleuten aus. LinkedIn, Xing und WhatsApp nutzen wir ebenfalls. Über solche Kanäle lässt sich zum Beispiel nach einem Vertriebsgespräch mal schnell ein Erklärvideo verschicken – sie sind eine gute Ergänzung zu anderen Kommunikationswegen.

Ist Digitalkompetenz inzwischen Einstellungsvoraussetzung bei Ihnen?
Fachwissen und Vertriebskompetenz werden weiter Priorität haben, auch wenn Digitalkompetenz hinzukommt. Den Umgang mit digitalen Tools und Methoden kann man ja mit relativ geringem Aufwand lernen. Die Bereitschaft dazu sollte natürlich da sein.

Wird die Digitalisierung auch die Wundversorgung verändern?
In Zukunft wird sich zum Beispiel mithilfe digitaler Technologie überprüfen lassen, in welchem Zustand sich die Wunde befindet. Dann werden wir unterschiedliche Parameter, die wichtige Einflussfaktoren für den Heilungsprozess sind, schnell und unkompliziert kontrollieren können. An Technologien zur digitalen Messung solcher Parameter wie PH-Wert oder bakterieller Belastung arbeiten viele Unternehmen. Diese Technologien werden es ermöglichen, die dringend notwenige Wundruhe mit einer sehr konkreten Wundbeobachtung sinnvoll zu verknüpfen, und damit die Abheilungschancen von chronischen Wunden deutlich erhöhen. Das wäre ein großer Fortschritt für alle Patienten, die täglich an chronischen Wunden leiden.

Zur Person:
Der Krankenpfleger und Gesundheitsökonom Thomas Ritschel ist seit Anfang 2021 der für den deutschen Markt zuständige Nationale Verkaufsleiter Wundmanagement bei ConvaTec. Vorher war er unter anderem bei Unternehmen wie Smith&Nephew, Mölnlycke Health Care und Fidia Pharma tätig.

Im Netz:
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